Bald ist es soweit: Der erste Tag in der Spielgruppe, im Kindergarten oder in der Schule rückt näher.
Ein grosser Moment – für Kinder und für Eltern.
Vielleicht freust du dich. Vielleicht bist du auch ein bisschen aufgeregt.
Vielleicht ist dein Kind voller Vorfreude. Oder zurückhaltend. Oder beides.
All diese Gefühle sind normal und dürfen da sein.
Müssen wir uns überhaupt vorbereiten?
Nicht im Sinn eines Trainingsplans – aber im Sinn von Begleitung.
Vorbereitung heisst nicht, alles durchzudenken oder Erwartungen zu setzen.
Sondern: Raum zu schaffen. Für Fragen. Für Unsicherheiten. Für Neugier. Für Emotionen.
Und ganz wichtig: Vorbereitung heisst nicht, dem Kind zu sagen, wie es sich fühlen soll.
Welche Erwartungen tragen wir in uns – und wie wirken sie auf unser Kind?
Wir hoffen, dass unser Kind sich wohlfühlt. Freundschaften knüpft. Neues entdeckt.
Aber: Wir wissen nicht, wie es sein wird. Und unser Kind auch nicht.
Deshalb ist es hilfreich, auf wertende Aussagen wie diese zu verzichten:
„Im Kindergarten wirst du ganz viele Freunde finden.“
„In der Schule lernst du dann richtig lesen und schreiben.“
Diese Sätze sind gut gemeint – doch sie erzeugen oft ungewollten Druck:
„Ich muss dort Freunde finden?“
„Ich muss mich freuen, sonst enttäusche ich Mama?“
Kinder im Spielgruppen- oder Kindergartenalter leben stark im Hier und Jetzt.
In die Zukunft zu denken, wie wir Erwachsenen das tun, fällt ihnen schwer und kann überfordern.
Was dann? Bleib im Moment.
Mach den Übergang spürbar – aber nicht riesig.
Das gemeinsame Aussuchen von Finken, einer Trinkflasche oder einem Rucksack darf besonders sein.
Nicht als Vorbereitung auf morgen, sondern als schöner Moment im Jetzt.
Freude ist erlaubt. Ein bisschen Bauchkribbeln ist erlaubt.
Aber: Zu viel Aufregung kann blockieren.
Versuche, präsent zu bleiben, statt schon gedanklich Wochen voraus zu sein.
Und wenn alle fragen: „Freust du dich schon?“
Vielleicht erlebst du das auch gerade:
Freunde, Nachbarn, Grosseltern – alle stellen deinem Kind die Frage:
„Und, freust du dich schon auf den Kindergarten/die Spielgruppe/die Schule?“
Und du merkst: Dein Kind weiss gar nicht, was es sagen soll.
Oder es zieht sich zurück. Wird still. Wechselt das Thema.
Das ist völlig okay. Denn:
Kinder können solche Fragen oft noch nicht einordnen – erst recht nicht, wenn der grosse Tag noch weit weg ist. Zudem wissen sie nicht was sie dort erwartet, wie sollen sie dann wissen wie es wird.
Du kannst in solchen Situationen gut für dein Kind sprechen, zum Beispiel so:
„Wir waren schon mal am Schnuppermorgen – da haben wir einiges gesehen. Jetzt geniessen wir gerade den Sommer.“
Oder: „Die Schultasche mit dem Tiger haben wir schon ausgesucht – den Rest schauen wir dann, wenn es soweit ist.“
Oder: „Die Lehrerin hat schon eine Vorbereitsaufgabe gesendet. Wir kleben jetzt jeden Sonntag ein Sticker auf, damit wir wissen wann es losgeht. Bis dahin geniessen wir das warme Wetter“
So nimmst du Spannung raus und holst das Gespräch zurück ins Hier und Jetzt:
Was haben wir schon erlebt? Was wissen wir bereits? Was tut uns gerade gut?
Das schafft Orientierung und Sicherheit – für dein Kind und dein Gegenüber.
Und denk daran:
Kinder hören mit.
Es hilft nicht, im Beisein des Kindes weiterzusprechen im Stil von:
„Weisst du, sie ist einfach ein bisschen schüchtern … ich glaube, sie hat schon Angst vor dem ersten Tag …“
Wenn du spürst, dass dein Kind gerade nicht über das Thema sprechen will oder es noch gar nicht fassen kann – dann darfst auch du das Thema ruhen lassen.
Nicht wegschieben – aber auch nicht aufdrängen.
Wie gehen wir mit Ängsten um – bei unserem Kind und bei uns?
Ängste gehören dazu, wenn etwas Neues beginnt. Sie sind kein Zeichen von Schwäche.
Deshalb ist es so wichtig, sie ernst zu nehmen, statt sie wegzuwischen.
Nicht: „Ach, das ist doch nicht schlimm.“
Nicht: „Da brauchst du keine Angst zu haben.“
Sondern: Hinhören. Nachfragen. Ernst nehmen.
Ein Beispiel:
Wenn dein Kind fragt:
„Was ist, wenn es mir dort zu laut ist?“
dann sag nicht einfach:
„Das wird schon nicht so laut sein.“
Oder:
„Die Lehrerin hilft dir dann sicher.“
Sondern vielleicht so:
„Du machst dir Sorgen, dass es dort laut sein könnte? Ist es dir manchmal jetzt auch zu laut? Und was hilft dir dann?“
So erlebt dein Kind: Es darf sich sorgen – und es kann etwas tun.
Ihr entwickelt gemeinsam Strategien und das stärkt sein Gefühl von Sicherheit.
Wenn du spürst, dass viele Fragen oder Ängste da sind, könnt ihr euch zusätzlich mit dem Thema spielerisch auseinandersetzen.
Es gibt viele wunderbare, kindgerechte (Bilder)bücher über das Thema Kindergarten, Schule, Gefühle oder auch spezifisch Angst, so könnt ihr die Gefühle benennen und euch etwas entlasten.
Und was ist mit deinen Gefühlen?
Auch du darfst aufgeregt sein. Auch du darfst ambivalente Gedanken haben.
Wichtig ist: Nimm sie wahr – und schau hin, bevor du sie unbewusst überträgst.
Wenn du merkst, dass dich etwas stark beschäftigt, such dir einen Ort, wo du das sortieren kannst – ein Gespräch mit dem Partner, der Partnerin, einer Freundin, ein paar Gedanken auf Papier, ein Spaziergang.
Und wenn es dir gut damit geht, darf dein Kind das ruhig auch wissen:
„Ich bin auch ein bisschen aufgeregt. Einerseits freue ich mich, dass ich mal wieder einen Kaffee in Ruhe trinken kann. Andererseits wird es sicher ruhig sein ohne dich.“
So lernt dein Kind: Mehrere Gefühle gleichzeitig zu haben, ist ganz normal – auch bei Mama oder Papa.
Wenn der Start nicht perfekt ist? Kein Problem.
Nicht jeder Start verläuft glatt. Es ist okay, wenn der erste Tag nicht euphorisch endet.
Gebt euch Zeit. Euer Kind darf ankommen – in seinem Tempo.
Und ihr als Eltern dürft euch Zeit nehmen, in diese neue Phase hineinzuwachsen. Steh für deine und die deines Kindes ein, um sicher in den neuen Abschnitt zu starten.
Und wenn du selbst nicht weiterkommst...
Manchmal sind die Sorgen gross.
Oder du weisst nicht, wie du dein Kind gut begleiten kannst, ohne dich selbst zu verlieren.
Dann kann es hilfreich sein, sich Unterstützung von aussen zu holen.
Ein Gespräch mit einer neutralen Fachperson – in einem Eltern-, Familien- oder Lerncoaching – kann entlasten, sortieren und neue Wege aufzeigen. Ganz ohne Druck, ganz ohne Scham.
Lass uns ins Gespräch kommen
Was beschäftigt dich beim Gedanken an den ersten Spielgruppen-, Kindergarten- oder Schultag?
Welche Fragen stellt dir dein Kind? Welche Strategien helfen euch?
Ist dein Kind schon älter und du hast Tipps für den Umgang mit dem "grossen Tag"?
Teile deine Gedanken gern in den Kommentaren oder sprich mit anderen Eltern darüber.
Denn oft hilft es schon, zu merken: Wir sind nicht allein.
2 Kommentare
Familienbande
Liebe Christine
Das ist eine sehr spannende und nachvollziehbare Frage.
Ich würde deiner Tochter ihre Freude unbedingt lassen – aber sie nicht zusätzlich anfeuern. Zum Beispiel, indem du sagst:
„Ich sehe, dass du dich sehr auf die Spielgruppe freust.“
und nicht:
„Ich freue mich so, dass du dich auf die Spielgruppe freust!“
Warum der Unterschied?
So merkt deine Tochter: Du siehst ihr Gefühl und nimmst es ernst.
Aber sie trägt nicht die Verantwortung für deine Freude. Das ist besonders wichtig – damit ihre eigene Gefühlswelt im Vordergrund bleibt. Weisst du, wie ich meine?
Kinder leben stark im Hier und Jetzt. Sollte es ihr in der Spielgruppe wider Erwarten doch mal nicht gefallen, wird sie sehr wahrscheinlich nicht denken:
„Oh nein, ich habe mich doch so gefreut – jetzt darf ich es nicht doof finden.“
Solche gedanklichen Verkettungen sind typisch für ältere Kinder oder Erwachsene – nicht für Kinder im Spielgruppenalter.
Darum: Lass ihr ihre Freude.
Geniesst gemeinsam diese Vorfreude – ohne zu viel Fokus auf das „Wie wird es dann wirklich sein“.
Und wenn später Themen auftauchen – eine Aktivität, die sie nicht mag, oder andere Herausforderungen – dann kannst du sie in dem Moment liebevoll begleiten.
Mach dir also jetzt nicht zu viele Sorgen im Voraus – ihr werdet mit dem umgehen, was dann kommt 💛
Liebe Christine
Das ist eine sehr spannende und nachvollziehbare Frage.
Ich würde deiner Tochter ihre Freude unbedingt lassen – aber sie nicht zusätzlich anfeuern. Zum Beispiel, indem du sagst:
„Ich sehe, dass du dich sehr auf die Spielgruppe freust.“
und nicht:
„Ich freue mich so, dass du dich auf die Spielgruppe freust!“
Warum der Unterschied?
So merkt deine Tochter: Du siehst ihr Gefühl und nimmst es ernst.
Aber sie trägt nicht die Verantwortung für deine Freude. Das ist besonders wichtig – damit ihre eigene Gefühlswelt im Vordergrund bleibt. Weisst du, wie ich meine?
Kinder leben stark im Hier und Jetzt. Sollte es ihr in der Spielgruppe wider Erwarten doch mal nicht gefallen, wird sie sehr wahrscheinlich nicht denken:
„Oh nein, ich habe mich doch so gefreut – jetzt darf ich es nicht doof finden.“
Solche gedanklichen Verkettungen sind typisch für ältere Kinder oder Erwachsene – nicht für Kinder im Spielgruppenalter.
Darum: Lass ihr ihre Freude.
Geniesst gemeinsam diese Vorfreude – ohne zu viel Fokus auf das „Wie wird es dann wirklich sein“.
Und wenn später Themen auftauchen – eine Aktivität, die sie nicht mag, oder andere Herausforderungen – dann kannst du sie in dem Moment liebevoll begleiten.
Mach dir also jetzt nicht zu viele Sorgen im Voraus – ihr werdet mit dem umgehen, was dann kommt 💛
Christine
Meine Tochter freut sich so sehr auf die Spielgruppe. Ich habe Angst dass ihre hohen Erwartungen nicht erfüllt werden, was kann ich tun um sie davor zu schützen?
Meine Tochter freut sich so sehr auf die Spielgruppe. Ich habe Angst dass ihre hohen Erwartungen nicht erfüllt werden, was kann ich tun um sie davor zu schützen?